Eine Fotometrie mit einem Tablet durchführen

Mit Hilfe einer Fotome­trie kann die Konzen­tra­tion einer farbigen Lösung bestimmt werden, indem monochro­ma­ti­sches Licht durch die sich in einer sog. Küvette befind­li­chen Probe gestrahlt wird. Die Licht­in­ten­sität verrin­gert sich auf dem Weg durch die Probe. Es wird gemessen, wie sich die Inten­sität des Lichts verän­dert. In der Chemie lässt sich so z.B. die unbekannte Konzen­tra­tion einer Lösung bestimmen. In der Biologie können etwa Enzym­re­ak­tionen quanti­tativ nachver­folgt werden, wie es beim Abbau von Stärke zu Maltose durch Amylase der Fall ist [1,2]. In Schulen ist nur selten ein Fotometer vorhanden, um solche Messungen durch­zu­führen. Auf dieser Seite wird ein alter­na­tives Vorgehen mit dem Tablet oder Smart­phone und einer entspre­chenden App vorge­stellt, mit dem jede:r Schüler:in die Möglich­keit erhält, eine fotome­tri­sche Messung durchzuführen.

Entwi­ckelt von Moritz Krause, Rebecca Tscheslog und Marlon Lohmann

⬤ Unsere Einsatzideen kurz vorgestellt

  • Zielgruppe: Sekun­dar­stufe II
  • Fächer: Chemie, Biologie
  • Themen­ge­biete: Kataly­ti­sche Reaktionen, Konzen­tra­ti­ons­be­stim­mungen, Farbstoffe [1, 2, 3]
  • Ziel: Die Schüler:innen lernen, eine fotome­tri­sche Messung durch­zu­führen, das Lambert-Beer’sche Gesetz anzuwenden und das Smart­phone bzw. Tablet als Analy­se­gerät zu verwenden [1]. 

⬤ Mehrwert einer Fotometrie mit dem Tablet oder Smartphone

  • Die Fotome­trie mit dem Tablet oder Smart­phone ist… 
    • … aktivie­rend, da jede:r Lernende selbst eine fotome­tri­sche Messung durch­führen kann.
    • … zeitef­fi­zient, da viele Messungen zeitgleich durch­ge­führt werden können, so stehen mehr Messergeb­nisse zur Verfü­gung. Die Ergeb­nisse können vergli­chen und disku­tiert werden [3]. Zudem ergibt sich Möglich­keit zur Einbin­dung weiterer wissen­schaft­li­cher Methoden wie der Mittel­werts­be­stim­mung oder Berech­nung einer Standard­ab­wei­chung [3].
    • … vergleichs­weise kosten­günstig, da bereits vorhan­dene Endge­räte genutzt werden können. Es wird keine zusätz­liche Hardware wie in anderen Konzepten benötigt [2].
    • motivie­rend, da mit dem eigenen Smart­phone oder Tablet gearbeitet wird [3].

    ⬤ Technische Voraussetzungen

    • Es werden zwei digitale Endge­räte (Tablet oder Smart­phone) pro Gruppe benötigt; eines als Licht­quelle, eines für die Messung der RGB-Werte.
    • Zur Messung der RGB-Werte eignet sich für iOS-Geräte die App > ColorAs­sist Lite und für Android-Geräte die Apps > Color­meter free oder > Color Detector.
      • Alle Apps sind kosten­frei und intuitiv zu bedienen.

     

      Abbil­dung 1: Zwei Schüle­rinnen bereiten eine fotome­tri­sche Messung mit dem Tablet vor. 

      ⬤ Bestimmung der Lichtintensitäten mit Hilfe von RGB-Werten

      Auf Abbil­dung 1 ist zu sehen, wie zwei Schüle­rinnen eine Multi­well-Platte, die auf einem Tablet mit weißem Hinter­grund platziert ist, mit einer farbigen Lösung befüllen und mit einem weiteren Tablet Messwerte erheben. Das Tablet mit dem weißen Hinter­grund dient als Licht­quelle. Das weiße Licht ist nicht monochro­ma­tisch und enthält Licht aller Spektral­farben, u.a. der Farben Rot, Grün und Blau. Darin liegt der Unter­schied zu einer Messung mit dem Fotometer. Die Farbwerte von Rot, Grün und Blau zwischen 0 und 255 lassen sich mit einer App bestimmen.

      Ein Well enthält destil­liertes Wasser, das keines der drei Farben absor­biert (Konzen­tra­tion von licht­ab­sor­bie­renden Teilchen = 0,0 mol/L). Die Inten­sität des in die Probe einfal­lenden Lichts (\(I_0\)) ist gleich der Inten­sität des austre­tenden Lichts (\(I_1\))  (s. oberer Teil der Abbil­dung 2). Alle Farbwerte bleiben gleich.

      Bei einer blauen Lösung mit einer Konzen­tra­tion von 1 mol/L wird ein größerer Rot-Anteil des Lichts absor­biert. Damit verrin­gert sich der Farbwert für Rot während der Messung (s. unterer Teil der Abbil­dung 2). Aus der Diffe­renz von (\(I_0\)) und (\(I_2\)) der Farbe Rot lässt sich die Extink­tion berechnen. Mit Hilfe von weiteren Vergleichs­werten und dem Lambert- Beer’schen Gesetz kann so z.B. die unbekannte Konzen­tra­tion einer Probe ermit­telt werden. Es ist dafür ausrei­chend nur den Rotwert zu dokumentieren.

      Abbil­dung 2: Verän­de­rungen der Inten­si­täten in dem Versuch.

      Abbil­dung 3: Beispiel­mes­sung mit ColorAssist.

      ⬤ Ideen für die Umsetzung im Unterricht

      Das Ziel des Unter­richts­mo­duls kann die Bestim­mung einer unbekannten Konzen­tra­tion einer Iod-Stärke-Lösung sein. (Denkbar sind auch die Verfol­gung einer Enyzmre­ak­tion [2] oder die Bestim­mung der Konzen­tra­tion eines Farbstoffs in Lebens­mit­teln [3].)

      Mögli­cher Unterrichtsablauf:

      Block 1 — Theore­ti­scher Hinter­grund (90 Min.)

      1. Theore­ti­sche Ausein­an­der­set­zung mit dem Lambert-Beer’schen Gesetz (Arbeits­ma­te­rial 01 im > Download­be­reich)
      2. Theore­ti­sche Ausein­an­der­set­zung mit dem molaren Extink­ti­ons­ko­ef­fi­zi­enten und der Verdün­nungs­reihe
        (Arbeits­ma­te­rial 02 im > Download­be­reich)

      Block 2 — Prakti­sche Umset­zung (90 Min.)

      Vorbe­rei­tung: Ansetzen der Iod-Stärke-Lösungen bekannter und “unbekannter” Konzen­tra­tion durch die Lehrkraft

      1. Ansetzen der Verdün­nungs­reihe in einer Multi­well-Platte (Arbeits­ma­te­rial 03 im > Download­be­reich)
      2. Durch­füh­rung der Messung mit dem Smart­phone oder Tablet in Dreier- bis Vierer­gruppen (Arbeits­ma­te­rial 03 im > Download­be­reich)
      3. Auswer­tung der fotome­tri­schen Messung mit Exel- oder Numbers-Tabelle (Vorlagen im > Download­be­reich)

       

        Abbil­dung 4: Eine Schülerin setzt eine Verdün­nungs­reihe an.

        Abbil­dung 5: Multi­well-Platte mit 6 Wells.

        Abbil­dung 6: Im Experi­ment werden die RGB-Werte der Proben gemessen.

        ⬤ Tipps und Hinweise für die Umsetzung im Unterricht

        Für das Ansetzen der Stärkelösung

        • Das Ansetzen der Iod-Stärke-Lösung muss mindes­tens eine Stunde vor der Verwen­dung erfolgen, da diese noch abkühlen muss. Wenn die Lösung zu warm ist, besteht die Gefahr, dass sich die Inten­sität der Blaufär­bung durch die Gleich­ge­wichts­re­ak­tionen verän­dert. Die Messungen würden ungenau [1].
        • Lösliche Stärke verwenden.
        • Für sechs Gruppen eine Lösung mit einem Volumen von 200 mL herstellen. Für eine Lösung mit einer Konzen­tra­tion von 0,5 mol/L 16,2 g Stärke in 200 mL Wasser auflösen. Zum vollstän­digen Lösen der Stärke in Wasser, die Lösung mit einem Gasbrenner erhitzen bis diese fast klar ist. Die Stärke­lö­sung muss anschlie­ßend auf Raumtem­pe­ratur abkühlen. Iod-Kalium­iodid-Lösung hinzu­tropfen bis die Stärke­lö­sung kräftig blau erscheint.
        • Für die Stärke­lö­sung “unbekannter Konzen­tra­tion”, die von den Lernenden im Versuch bestimmt werden soll, z.B. aus der herge­stellten Stärke­lö­sung 30 mL entnehmen und in ein weiteres Becher­glas füllen. Dazu 20 mL Wasser geben. Die herge­stellte Lösung hat dann eine Konzen­tra­tion von 0,3 mol/L.
        • Die restliche Stärke­lö­sung können die Gruppen zur Herstel­lung einer Verdün­nungs­reihe verwenden.

        Für das Ansetzen der Verdünnungsreihe

        • Multi­well-Platte mit 6 Wells nutzen; 2–4 € pro Stück.
        • Alter­nativ Petri­schalen der gleichen Größe aus Kunst­stoff verwenden.
        • Die Volumina der einzelnen Proben müssen gleich sein, da die Füllhöhe für die Berech­nung der Extink­tion von Bedeu­tung ist [1]. 

        Für die Messung

        • Ein Tablet als Licht­quelle verwenden, damit die Multi­well-Platte von unten gleich­mäßig beleuchtet werden kann.
        • Auf dem Tablet einen weißen Bildschirm (z.B. eine neue Notiz öffnen) und die Hellig­keit auf Maximum einstellen.
        • Die Hellig­keit der Licht­quelle während der Messung nicht verän­dern, denn eine gleich­blei­bende Licht­in­ten­sität ist für die Messung von Bedeu­tung [1,2]. Funktionen zur Anpas­sung der Hinter­grund­be­leuch­tung an die Umgebungs­hel­lig­keit deakti­vieren [1].
        • Decken­licht ausschalten, um Spiege­lungen in den Lösungen zu vermeiden [3].
        • Wenn die Messung neben dem Fenster durch­ge­führt wird, Fenster z.B. mit einer Jacke abdun­keln, um seitlich einfal­lends Licht zu vermeiden [3].
        • Streu­licht kann durch Überstülpen einer Papprolle (vom Toilet­ten­pa­pier) über die Probe vermieden werden [3].
        • Für die Bestim­mung der Extink­tion bei einer Iod-Stärke-Lösung den Rotwert verwenden.
        • Bei der Messung der Farbwerte den Abstand zwischen Multi­well-Platte und Tablet konstant (z.B. bei 30 cm) halten [2], ggf. ein Stativ verwenden.

        Downloads und Links

        • Arbeitsmaterial

        Theore­ti­scher Hinter­grund der Fotome­trie (01)

        • Arbeitsmaterial

        Theore­ti­scher Hinter­grund des molaren Extink­ti­ons­ko­ef­fi­zi­enten (02)

        • Arbeitsmaterial

        Prakti­sche Durch­füh­rung (03)

        • Arbeitsmaterial

        Excel-Tabelle zur Auswer­tung des Versuchs (Windows Systeme)

        • Arbeitsmaterial

        Numbers-Tabelle zur Auswer­tung des Versuchs (iOS oder MacOS)

        • LINK

        Online-Hilfe zum Arbeits­ma­te­rial Prakti­sche Durch­füh­rung (03)

        Literatur

        • [1] Krause, M. & Thyssen, C. (2021). Eine Fotome­trie mit dem Smart­phone durch­führen. In J. Meßinger-Koppelt & J. Maxton-Küchen­meister (Hrsg.), Natur­wis­sen­schaften digital — Toolbox für den Unter­richt, Band 2, S. 40–43.
        • [2] Thyssen, C., Huwer, J., & Krause, M. (2020). Digital Devices als Experi­men­tal­werk­zeuge – Poten­ziale digitalen Experi­men­tie­rens mit Tablet und Smart­phone. Unter­richt Biologie, 451, 44–47.
        • [3] Nieß, C., Czuba­tinski, L. & Hornung, G. (2020). Die Konzen­tra­tion eines Farbstoffs bestimmen. Natur­wis­sen­schaften im Unter­richt Chemie, 177/178, 32–35.

        Litera­tur­emp­feh­lungen

        • Witte, T., Hanemann, S., Sommer­feld, H., Temmen, K., & Fechner, S. (2019). Selbstbau eines digitalen Low-Cost-Fotome­ters für den Chemie­un­ter­richt. ChemKon, 27(4), 193–198.